von Iris Jansen

Aufgewühlt könnte man die Zeit, kurz vor der Eingewöhnung beschreiben. Eine Mischung aus Melancholie, die den Schmerz des Abschieds der wohl innigsten Zeit von Eltern und Kind und nahezu sehnsüchtiger Erwartung, die den Schritt in einen neuen Lebensabschnitt verkörpern, machten sich in uns breit.

Schon lange bevor es losging, erzählte ich meinem Sohn vom Waldkindergarten. Wir besuchten die Plätze der Kinder im Wald und zelebrierten an einem Sonntagmorgen sogar einen kleinen Morgenkreis — das kannten wir vom Tag der offenen Tür — mit Butterbroten und Tee am Platz der Salamander. So hatte er wenigstens schon mal eine Ahnung, was ihn erwarten würde, dachte ich. Denn als zugezogenes Großstadtkind, plötzlich im Wald ‘ausgesetzt’ zu werden, würde schon eine große Veränderung des täglichen Lebens bedeuten. Mit Erfolg, denn seine Vorfreude wurde riesig groß. Wunderbar!

An unserem ersten Morgen wachten wir noch vor dem Wecker auf und sprangen beim Stichwort ‘Waldkindergarten’ förmlich in unsere neue Outdoor-Kleidung! Ja, auch ich hatte mich neu eingekleidet, da ich mit mindestens vier Wochen Dabeisein im Wald gerechnet (oder mir vielleicht sogar erhofft) hatte. Als wir eintrafen, am Platz des Morgenkreises, waren die Erzieherinnen gerade dabei Hängematten aufzuhängen und Decken als Lese-Inseln auszulegen. Die Bezugserzieherin meines Sohnes, empfing ihn herzlich und lud ihn ein, sich zu Ihr zu gesellen, um mit Ihr und den anderen Kindern, die gerade eintrudelten, ein Buch zu lesen.

Als alle da waren, ertönte ein sanfter Gesang aller Erzieherinnen, der die Kinder erinnerte, sich nun die Sitzmatte zu schnappen und in den Kreis zu kommen. Als Mama in der Eingewöhnung durfte ich mitmachen. ‘Der Kreis ist geschlossen’, sprachen alle im Chor und hielten sich dabei an den Händen. Es folgten die Morgenrituale. ‘Wer ist das Lorfalon?’, welches ausgewählt wird und dann aussuchen darf, welches Spiel gespielt, welches Lied gesungen wird und zu welchem Platz es an diesem Tag gehen würde. Dabei ging die Sonne auf und begrüße uns auf magische Weise durch das Blätterdach des Waldes. Mein Herz wurde riesengroß und ich nahm all diesen neuen Zauber in mir auf. Ich wusste tief im Innern, dass es jede Mühe wert war, diesen Waldkindergarten für meinen Sohn zu finden.

Wir verbrachten den ersten Tag am Kletterwald Platz, wo wir entdeckten, dass Waldkinder mit echtem Werkzeug arbeiten dürfen. Natürlich altersgerecht aufgeteilt und nur mit vorheriger ‘Prüfung’ für fortgeschrittenes Werkzeug, aber schon mein Sohn durfte mit einer richtigen Raspel Stöcke bearbeiten und tat dies die ersten Tage mit Begeisterung und kaum etwas anderes. Die Mädchen spielten Pferde, ein paar der Jungs hatten Trolle im Wald entdeckt, die großen Jungs hämmerten mit Schutzbrillen Steine auf, die innen drin magisch glitzerten, die kleinsten bastelten und malten. Mittendrin die neuen Eltern, deren Kinder sich alle auf sehr natürliche Weise einfanden.

WILLKOMMEN, so fühlten wir uns als ‘Neulinge’ in dieser eingeschworenen Gemeinschaft

Am folgenden Tag ging es zum Birkenhain, an dem wir den ersten Geburtstag eines Waldkindes miterleben und feiern durften. Beim Frühstück auf dem ‘Waldsofa’ fiel die Morgensonne auf die Wimpelketten, die die Erzieherinnen zur Feier des Tages in den Bäumen aufgehängt hatten. Die Kinder verspeisten Geburtstags-Muffins und das Geburtstagskind wurde mit einer Feuerkrone aus Filz gekrönt, denn es wurde mit dem neuen Lebensjahr ganz offiziell ein ‘Feuerkind’ (Die Altersgruppen der Kinder sind hier in Elemente aufgeteilt). Die Kinder kletterten auf Bäume, bastelten, malten und ich durfte schon zum ersten Mal ein Ründchen spazieren gehen (die erste kurze Trennung) und: Ich wurde nicht vermisst!

So folgten noch weitere aufregende Tage, an denen wir all die zauberhaften Plätze der Salamander im Wald kennenlernen durften und nach bereits einer Woche war die Eingewöhnung für uns abgeschlossen. Einerseits super, weil es meinem Sohn hier so gut gefällt und er in so kurzer Zeit Vertrauen gefasst hat, andererseits schade, denn ich hätte gerne noch viele Wochen mehr die Vormittage im Wald verbracht …! So kommt es hin und wieder vor, dass ich — wenn es die Zeit erlaubt — mein eigenes Morgenritual mit Frühstück am Waldsee zelebriere, bevor ich in den geschäftigen Tag starte. Von unseren Kindern kann man eben immer wieder etwas Neues lernen.

Danke für all das Wunder, was wir durch Euch erleben dürfen, liebes WAKI Team! Wir freuen uns auf alles, was noch kommt!